Scharfer Weitblick: Boeing E-7: Der AWCAS-Nachfolger der USAF (2024)

General Kenneth Wilsbach, Befehlshaber der United States Pacific Air Forces, wird es etwas mulmig, wenn er an seine Boeing E-3 AWACS denkt. "Wir haben vier davon in der PACAF, und oft sind alle vier wegen Wartungsproblemen nicht flugfähig", sagte Wilsbach. Doch damit nicht genug: "Die Sensoren, auf die wir uns bei der E-3 verlassen, sind im Kampf des 21. Jahrhunderts nicht leistungsfähig genug, insbesondere gegen eine Plattform wie die [chinesische Chengdu] J-20 oder etwas Ähnliches. Sie können diese Plattformen einfach nicht weit genug sehen." Laut Air Force Secretary Frank Kendall sind die E-3 AWACS anfällig für mit einem AESA-Radarsuchkopf ausgestattete chinesische Langstrecken-Luft-Luft-Lenkwaffen (PL-15), die Mach 4 erreichen und eine Reichweite von über 200km haben. "Die Zerstörung dieser Flugzeuge [der E-3] könnte die amerikanischen Truppen blenden und den Einsatz … auf dem Schlachtfeld erschweren", heißt es vonseiten des Pentagons. Höchste Zeit also für einen Ersatz, zumal die Air Force zuletzt durch ein flottenweites Problem mit einem Befestigungsbolzen der Seitenflosse der 707-Varianten aufgeschreckt wurde.

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Scharfer Weitblick: Boeing E-7: Der AWCAS-Nachfolger der USAF (15)

NATO

Die E-3 aus den 1970er-Jahren hat noch eine sich drehende Antenne.

Keine schwere Wahl

Das Angebot an einigermaßen zeitnah verfügbaren "Airborne Warning & Control"-Flugzeugen (AEW&C = Luftraumüberwachung und Leitung eigener Einsatzkräfte) ist ziemlich überschaubar, und so war die Wahl nicht schwer: "Auf der Grundlage von Marktuntersuchungen hat das Department of the Air Force beschlossen, einen Teil der Flotte des E-3 Sentry Airborne Warning and Control System durch die E-7 Wedgetail zu ersetzen... Die E-7 von Boeing ist die einzige Plattform, welche die Anforderungen des Verteidigungsministeriums an die taktische Gefechtsführung, die Führung und Kontrolle sowie die Anzeige beweglicher Ziele innerhalb des Zeitrahmens erfüllen kann, der für den Ersatz der alternden E-3 erforderlich ist", teilte das Pentagon am 26. April 2022 mit.

E-7 soll wichtige Stütze der USAF werden

Schließlich folgte am 28. Februar 2023 die formale Beauftragung von Boeing, "mit den Arbeiten am Waffensystem E-7A zu beginnen. Der Wert dieses ersten Auftrags wird 1,2 Milliarden Dollar (1,13 Mrd. Euro) nicht überschreiten. Für die Beschaffung der ersten beiden E-7A nutzt die Air Force das Rapid-Prototyping-Verfahren. Die erste E-7A wird voraussichtlich im Haushaltsjahr 2027 zum Einsatz kommen." Vorgesehen ist nach einer Produktionsentscheidung 2025 die Beschaffung von insgesamt 26 Flugzeugen bis 2032. "Die E-7A wird der wichtigste luftgestützte Sensor der Air Force zur Erkennung, Identifizierung, Verfolgung und Weitermeldung aller luftgestützten Aktivitäten an die Befehlshaber der Streitkräfte sein", sagte Andrew Hunter, stellvertretender Staatssekretär der US-Luftstreitkräfte für Beschaffung, Technologie und Logistik. "Diese Auftragsvergabe ist ein entscheidender Schritt, um sicherzustellen, dass das Ministerium den US-Streitkräften, Verbündeten und Partnern auch in den nächsten Jahrzehnten Fähigkeiten zur Überwachung des Gefechtsfeldes und zur Kontrolle zur Verfügung stellen kann. Die E-7A wird durch ihr präzises Echtzeit-Luftlagebild eine bessere Wahrnehmung des Gefechtsfeldes ermöglichen und in der Lage sein, einzelne Flugzeuge unter einer Vielzahl von Umwelt- und Einsatzbedingungen zu steuern und zu führen."

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Northrop Grumman

Um das drei Tonnen schwere Radar tragen zu können,wird der Rumpf der 737 deutlich verstärkt.

AESA-Radartechnologie

Für diese Aufgaben ist die E-7A mit modernsten Systemen ausgestattet, die Generationen weiter sind als jene der in den 1970er-Jahren entwickelten E-3. Zuvorderst zu nennen ist dabei das "Multi-Role Electronically Scanned Array"-Radar (MESA) von Northrop Grumman. Es handelt sich also nicht um eine drehende Antenne, sondern elektronisch gesteuerte Sende-/Empfangsmodule sind in einer 10,7 m langen und 4,9 m hohen Verkleidung auf dem Rumpf installiert. Die sogenannten SideArrays decken dabei zu beiden Seiten je einen horizontal 130 Grad großen Sektor ab. Für den Blick nach vorn und hinten gibt es das Top Array (Tophat) mit einem Blickwinkel von je 50 Grad. "Dieser leistungsstarke Sensor gibt den Einsatzkräften die notwendigen Mittel an die Hand, um Luft- und Seeziele zu verfolgen und gleichzeitig das Einsatzgebiet kontinuierlich zu überwachen", so Howard Lurie, Vice President, Airborne Surveillance Business Unit, Northrop Grumman. "Die Fähigkeit, Ziele auf immer größere Entfernungen genau zu erkennen und zu identifizieren, ist entscheidend, um einen Vorteil zu behalten."

Alles im Blick

MESA bietet die Möglichkeit, sich dynamisch an jede neu entstehende taktische Situation anzupassen. Durch die gezielte Ausrichtung seiner Energie auf die Bedrohung aus einer Richtung kann das Radar seine Reichweite nahezu verdoppeln, während es gleichzeitig einen vollständigen Überblick über das gesamte Kampfgebiet behält (Rundumabtastung wohl alle zehn Sekunden). Gleichzeitig bietet MESA eine vollständig integrierte Fähigkeit zur Identifizierung von Freund oder Feind (IFF) mit großer Reichweite. Mit seinen mehreren Kanälen und unabhängigen Empfängern nutzt MESA moderne elektronische Schutztechniken, um sich an die Bedrohungen durch Störungen und elektronische Angriffe anzupassen und gleichzeitig das Situationsbewusstsein aufrechtzuerhalten. Konkret soll die Reichweite des im L-Band arbeitenden Systems bei angeblich 370 Kilometern gegen Ziele in der Größe eines Kampfflugzeugs im Look-Down-Modus und bei bis zu 650 Kilometer maximal liegen. Wenn gegen Schiffe operiert wird, beträgt die maximale Reichweite für Ziele von Fregattengröße mehr als 240 km. MESA ist in der Lage, 180 Ziele gleichzeitig zu verfolgen und 24 Abfangvorgänge parallel durchzuführen, so die Einschätzung, denn genaue Daten sind natürlich geheim.

Laut Boeing bietet die E-7 "durch ihre offene Systemarchitektur und die agile Softwareentwicklung einen schnellen und erschwinglichen Fähigkeitszuwachs, um mit den sich verändernden Bedrohungen Schritt zu halten", denn das Gefechtsfeld der Zukunft wird komplexer, dynamischer und unkonventioneller sein. Die E-7 kann entweder Software von Boeing oder von Drittanbietern verwenden, verspricht der Hersteller, der zudem mit der Flexibilität einer Open Systems Architecture wirbt.

Datenaustausch

Wichtig ist auch der Datenaustausch. Als primäre Plattform in einer virtuellen Demo demonstrierte die E-7 bereits die Verteilung von Daten und gemeinsamen Lagebildern zwischen Systemen aus mehreren Bereichen – von Sensor zu Sensor, zu anderen Plattformen und Angriffsmitteln. Diesbezüglich werden amerikanische E-7 eine Anbindung an das "Mobile User Objective System"-Satellitenkommunikationssystem (MUOS) der US Navy erhalten. Außerdem werden stör- und täuschsichere M-Code-GPS-Navigationssysteme verwendet und verschiedene Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe und elektronische Störungen integriert.

Dank sicher noch mit künstlicher Intelligenz ausbaubarer Automatisierung kommt die E-7 mit sechs bis zehn Bedienern an Bord aus, denen auch ein Ruheraum im Heckbereich hinter den Elektronikeinbauten zur Verfügung steht. Im co*ckpit sitzen zwei Piloten, denn schließlich handelt es sich bei der E-7 um eine umgebaute Boeing 737 der NG-Familie (nicht MAX). Diese Tatsache soll auch die Wartungskosten deutlich verringern, angeblich sogar unter die von Business Jets. Als Antrieb dienen CFM56, die leistungsstarke Generatoren (180 kVA) haben. Obwohl die E-7 nur halb so viel wiegt wie eine E-3 soll die Reichweite bei 6500 km liegen. Als normale Einsatzdauer werden zehn Stunden angegeben, doch die Royal Australian Air Force führte bei Einsätzen im Nahen Osten auch schon 14-Stunden-Flüge durch (Rekord: 17 Stunden).

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NATO

Die Türkei ist auch bereits Nutzer der E-7.

Schon vier Kunden

Erfreuliche Aussichten also für die US Air Force, wenn die Einführung der E-7 voraussichtlich 2027 beginnt. Man schließt dann zu Nutzern wie Australien, der Türkei, Südkorea und Großbritannien auf. Die RAF hofft, ihre aus gebrauchten 737-Business-Jets umgebauten E-7 ab kommendem Jahr zu erhalten. Zunächst sind drei Wedgetail AEW1 in Arbeit, aber vielleicht lässt sich noch das Geld für zwei weitere zusammenkratzen. Derweil hat auch die NATO erkannt, dass das Festhalten an der E-3 Sentry bis 2035 vielleicht nicht die schlauste Lösung ist, zumal die AWACS angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine derzeit viel mehr fliegen und somit schneller verschleißen.

Auch die NATO sucht Ersatz für die E-3

Im letzten Dezember hat die NATO Support and Procurement Agency (NSPA) daher eine RFI (Request for Information) herausgegeben, um erste Industrievorschläge für eine I-AFSC-Fähigkeit (Initial Alliance Future Surveillance and Control) zu erhalten. Die Antworten gingen wohl Mitte Februar ein. Saab jedenfalls gab bekannt, dass man ein Flugzeug anbietet, das auf der GlobalEye basiert. Bei der GlobalEye handelt es sich um einen Bombardier-Global-6000-Geschäftsreisejet, den der schwedische Hersteller mit einer Reihe von aktiven und passiven Sensoren ausstattet, die eine weitreichende Erkennung und Identifizierung von Objekten in der Luft, auf See und über Land ermöglichen. Der primäre Sensor ist das Erieye-ER-Radar für die luftgestützte Frühwarnung (AEW); es wiegt etwa eine Tonne und ist auf dem Rumpf des Zweistrahlers montiert. Saab gibt für das AEW-Radarsystem eine Reichweite von bis zu 550 km bei 10 670 Meter Flughöhe an. Es werden Galliumnitrid-Sende-/Empfangsmodule verwendet.

Daneben wird das Seeüberwachungsradar Seaspray 7500E von Leonardo eingebaut, das über eine synthetische Apertur verfügt und auch Bewegtziele anzeigt. Außerdem verfügt die GlobalEye über einen elektrooptischenInfrarotsensor, der sich unter dem vorderen Rumpf befindet. Auch ein Einsatz ohne Bediener an Bord soll möglich sein. Bisher fliegen drei GlobalEye für den Erstkunden Vereinigte Arabische Emirate, der Ende 2020 noch zwei weitere Exemplare im Wert von einer Milliarde Dollar bestellt hat. Auch Schwedens Luftwaffe gab im Juni 2022 zwei Flugzeuge für 7,3 Milliarden Kronen (650 Mio. Euro) in Auftrag (plus zwei Optionen).

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Northrop Grumman

Im Angebot für die NATO ist auch die E-2D von Northrop Grumman.

Was sagt die Zukunft der Luftraumüberwachungsflugzeuge?

Neben Saab sind auch Boeing (E-7) und Northrop Grumman (E-2D Hawkeye) an einem NATO-Geschäft interessiert, um die 14 in Geilenkirchen noch vorhandenen E-3 zu ersetzen. Das "Initial" in der Anfrage deutet übrigens darauf hin, dass die NATO ab 2035 eigentlich ein Mehrbereichsüberwachungs- und Führungssystem einsetzen will. Dabei handelt es sich um ein verteiltes System von Systemen, das mithilfe von Systemen, die mit hoher Bandbreite und Automatisierung miteinander kommunizieren, die bestehenden Fähigkeiten der Mitgliedstaaten verknüpft. Dies deutet darauf hin, dass die Zeit der großen Luftraumüberwachungsflugzeuge im kommenden Jahrzehnt vorbei sein könnte und man eher an den Einsatz von Satelliten und unbemannten Fluggeräten denkt.Deren Daten werden dann mithilfe von künstlicher Intelligenz verknüpft, zentral ausgewertet und an alle notwendigen (Kampf-)Verbände verteilt.

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